Haftung von Geschäftsführer und Gesellschafter in der Insolvenz der GmbH

Eine sich abzeichnende Insolvenz bewegt nicht nur die Gläubiger, die Arbeitnehmer und das Marktumfeld, sondern auch die daran beteiligten Gesellschafter sowie die Geschäftsführung.

Dieser Blogbeitrag soll typische Haftungsfragen von Geschäftsführer am Beispiel einer GmbH (hierzu unter I.) und ihrer Gesellschafter (hierzu unter II.) aufzeigen. Eine rechtzeitige Hinzuziehung eines im Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwalts kann Fallstricke und Haftungsfälle vermeiden (hierzu unter III.).

I. Haftung des Geschäftsführers

Es ist zu unterscheiden zwischen der sog. Innen- und Außenhaftung. Die Innenhaftung regelt Ansprüche der GmbH gegen ihren Geschäftsführer (hierzu unter 1.). Solche Ansprüche werden typischerweise durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht und sollten nicht unterschätzt werden. Zudem kommen Außenhaftungsansprüche in Betracht (hierzu unter 2.). Bei der Außenhaftung treten in der Regel Gläubiger außerhalb des Insolvenzverfahrens an den Geschäftsführer heran.

1. Innenhaftung des Geschäftsführers

Der Geschäftsführer haftet gegenüber der Gesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG auf Schadensersatz, sofern er die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes verletzt hat. Verkennt der Geschäftsführer beispielsweise in der Krise einen Sanierungsbedarf oder unterrichtet er hierüber nicht rechtzeitig die Gesellschafter, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Der Geschäftsführer ist deshalb auch außerhalb der Krise gut beraten, wenn er die Zahlungsfähigkeit und den Überschuldungstatus der GmbH engmaschig überwacht, um schnellstmöglich reagieren zu können.

Zudem haftet der Geschäftsführer für Schäden nach § 43 Abs. 3 GmbHG, die durch eine Entziehung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG entstehen. Eine das Stammkapital der GmbH entziehende Zahlung darf der Geschäftsführer auch dann nicht leisten, wenn ihn die Gesellschafter hierzu anweisen.

Einen durch Insolvenzverwalter sehr häufig geltend gemachter Innenanspruch gegen den Geschäftsführer folgt aus § 15b Abs. 4 InsO. Sollte der Geschäftsführer nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Zahlungen leisten, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, ist er persönlich zur Erstattung an die Insolvenzmasse verpflichtet. Von dem Zahlungsverbot ausgenommen sind Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, aber nur dann, wenn der Insolvenzantrag rechtzeitig gestellt wurde (§ 15b Abs. 2, 3 InsO). Die Abführung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung ist stets zulässig und sollte zwingend erfolgen, um eine Strafbarkeit des Geschäftsführers zu vermeiden. Die Abführung von rückständiger Lohn- und Umsatzsteuer ist aufgrund der Gesetzesänderung des § 15b Abs. 8 InsO nunmehr zwischen dem Eintritt der Insolvenzreife und der Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Insolvenzantrag nicht mehr geboten, um eine persönliche Haftung oder ein Bußgeldverfahren gegen den Geschäftsführer abzuwenden. Voraussetzung ist hier aber erneut, dass der Insolvenzantrag rechtzeitig gestellt wurde.

Nach § 15b Abs. 5 InsO haftet der Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, soweit die Zahlungen zur Zahlungsunfähigkeit führen, es sei denn, der Geschäftsführer hat mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Gesellschafters gehandelt. Es ist nicht erforderlich, dass die Zahlung unmittelbar zur Zahlungsunfähigkeit führt. Ein späterer Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ist ausreichend. Im Ergebnis legt der Gesetzgeber dem Geschäftsführer die Pflicht auf, bei jeder Zahlung an Gesellschafter eine Solvenzprognose anzustellen.

2. Außenhaftung

Gerade bei massearmen Insolvenzverfahren suchen Gläubiger gerne nach Möglichkeiten, sich anderweitig schadlos zu halten. Ein häufig eingesetztes Mittel ist die Außenhaftung gegenüber dem GmbH-Geschäftsführer.

Sofern der Geschäftsführer seine Pflicht zur rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrags verletzt, haftet er gegenüber den Gläubigern nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 InsO. In welcher Höhe die Gläubiger ihren Schaden aus der Insolvenzverschleppung geltend machen können, hängt davon ab, ob sie sog. Alt- oder Neugläubiger sind. Bei Altgläubigern handelt es sich um Gläubiger, deren Forderungen vor Eintritt der Insolvenzreife entstanden sind. Altgläubiger können nur den sog. Quotenschaden, also die Differenz zwischen derjenigen Befriedigung, die der Gläubiger bei rechtzeitiger Antragstellung erlangt hätte und derjenigen Befriedigung, die er als Folge der aus der Insolvenzverschleppung resultierenden Masseverkürzung tatsächlich erlangt hat, geltend machen. Den Anspruch der Altgläubiger kann im laufenden Insolvenzverfahren nur der Insolvenzverwalter geltend machen (§ 92 InsO). Anders sind Ansprüche der Neugläubiger, deren Forderungen nach Eintritt der Insolvenzreife entstanden sind, zu behandeln. Neugläubiger können den vollen Vertrauensschaden (und nicht nur den Quotenschaden) ersetzt verlangen und ihren Anspruch zudem selbst gegen den Geschäftsführer verfolgen. Ob eine Insolvenzverschleppung vorliegt bestimmt sich nach § 15a Abs. 1 InsO. Der Insolvenzantrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen.

Zudem haftet der Geschäftsführer nach außen auch für jede weitere Verletzung von Schutzgesetzen. Führt der Geschäftsführer Sozialversicherungsbeiträge nicht ab, haftet er persönlich gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 1, Abs. 2 StGB und macht sich – soweit Arbeitnehmeranteile betroffen sind – auch noch strafbar.

Bei verspäteter Insolvenzantragstellung verlangt in der Regel die Bundesagentur für Arbeit den Ersatz des an die Arbeitnehmer ausgezahlte Insolvenzgeldes vom Geschäftsführer gem. § 826 BGB zurück. 

Verletzt der Geschäftsführer steuerliche Pflichten der GmbH vorsätzlich oder grob fahrlässig, haftet er für die Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber der Finanzverwaltung nach §§ 69 S. 1, 34 Abs. 1 AO persönlich.

II. Haftung der Gesellschafter

Die Gesellschafter haften der Gesellschaft gegenüber für existenzvernichtende Eingriffe nach § 826 BGB. Entzieht der Gesellschafter der Gesellschaft das Vermögen zur vorrangigen Gläubigerbefriedigung oder durch offene bzw. verdeckte Entnahmen an sich selbst, ist er zur Rückführung verpflichtet. Der Anspruch wird in der Regel vom Insolvenzverwalter geltend gemacht.

Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, die Führung der Geschäfte überlassen, haften der Gesellschaft gem. § 6 Abs. 5 GmbHG solidarisch für den Schaden, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt. Nach § 6 Abs. 2 GmbHG darf nicht Geschäftsführer sein, wer geschäftsunfähig, einem Berufsverbot unterliegt oder einschlägig vorbestraft ist.

Der Gesellschafter haftet gem. § 31 Abs. 3 GmbH zudem für verbotswidrig ausbezahltes Stammkapital.

Eine Besonderheit der Gesellschafterhaftung ist die sog. Durchgriffshaftung. Grundsätzlich haften GmbH-Gesellschafter nur mit ihrer Einlage und darüber hinaus nicht mit ihrem persönlichen Vermögen nach außen. Eine Ausnahme hiervon bildet die Durchgriffshaftung. Die Rechtsprechung hat diesbezüglich Fallgruppen gebildet, bei denen von einer Haftung gegenüber Dritten ausgegangen wird. Nutzt ein Gesellschafter die Konstruktion einer haftungsbeschränkten juristischen Person bewusst aus, um den Gläubigern Nachteile zuzufügen, haftet er persönlich. Zudem wird eine Durchgriffshaftung angenommen, wenn die Abgrenzung das Gesellschafts- und Privatvermögens aufgrund einer undurchsichtigen Buchführung vermischt oder anderweitig verschleiert wird. Schließlich kommt es bei der sog. Sphärenmischung zu einer Durchgriffshaftung. Eine Sphärenmischung wird angenommen, wenn nicht ausreichend zwischen Gesellschaft und Gesellschafter im Rechtsverkehr getrennt wird.

Nicht zuletzt haftet der Gesellschafter und der Aufsichtsrat für die Folgen einer Insolvenzverschleppung nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 InsO, wenn er bei einer führungslosen Gesellschaft keinen Insolvenzantrag stellt.

III. Zusammenfassung

Die Haftung von Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH sind vielseitig und nicht immer leicht zu erkennen. Die Konsequenzen können für die beteiligten Personen sehr weitrechend sein. Häufig wiegen sich die Organe einer GmbH in Sicherheit, da sie von einer vermeintlichen Haftungsbeschränkung ausgehen. Wie aufgezeigt, greift diese nicht immer ein. 

Wir beraten Sie gerne in diesem komplexen Rechtsgebiet. Zum einen vertreten wir Sie gerne, sofern ein Insolvenzverwalter oder Gläubiger Ansprüche gegen Sie erhebt. Zudem beraten wir auch Gläubiger, die einen Weg zur Geltendmachung von Ansprüchen inner- und außerhalb des Insolvenzverfahrens und in der vorgelagerten Krise suchen. Je früher eine anwaltliche Beteiligung erfolgt, desto höher sind Ihre Gestaltungsmöglichkeiten.

Bitte wenden Sie sich an unseren Kollegen Herrn Rechtsanwalt Dr. Maximilian Maierhofer.

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