Über zwei Instanzen bis hin zum Oberlandesgericht Nürnberg (Az. 3 U 2291/23) konnten wir eine Gemeinde aus dem Landkreis Miltenberg erfolgreich gegen die Zahlung einer fünfstelligen Vertragsstrafe verteidigen.
Hierbei verhielt es sich so, dass die Gemeinde in der Vergangenheit unwissentlich 17 Kartenausschnitte auf ihrer Internetseite im Kontext der Angabe von Rettungspunkten und Katastrophenschutz nutzte. Mangels Nutzungsrechte musste die Gemeinde eine entsprechende Unterlassungserklärung abgeben und im Vergleichswege rund 19.000 € an den Stadtplandienst zahlen.
Hiermit fand die Sache aber nicht ihre Erledigung. Der Rechteinhaber machte in der Folge Vertragsstrafen geltend, nachdem die Karten noch über eine gezielte Sucheingabe bei Google und über das Internet Archive (sog. waybackmachine) auffindbar seien. Nach Ansicht der Klägerseite stelle dies ein öffentliches Zugänglichmachen i.S.d. § 19a UrhG dar. Man forderte je Kartenausschnitt einen Betrag in Höhe von 4.050,00 €.
Bereits in der ersten Instanz am Landgericht Nürnberg-Fürth (Az. 19 O 6791/22) wurde ein öffentliches Zugänglichmachen verneint. Das Gericht schloss sich unserer Argumentation an und sah insbesondere die sehr speziellen Suchbegriffe, welche der Stadtplandienst zum Aufruf der Karten nutzte, als nicht ausreichend an.
Für ein solches öffentliches Zugänglichmachen i.S.d. § 19a UrhG muss das Kriterium der Zugänglichmachung gegenüber „recht vielen Personen“ erfüllt sein. Dies konnte unsererseits erfolgreich widerlegt werden.
Somit war nach Ansicht des Landgerichts Nürnberg-Fürth auch kein weiteres Einwirken auf die bekannten Suchmaschinen seitens unserer Mandantschaft notwendig.
Die Gegenseite legte hiergegen Berufung ein und stützte sich insbesondere auch auf Einträge im sog. Internet Archive.
Gleichwohl konnte der Stadtplandienst auch an dieser Stelle seine vermeintlichen Zahlungsansprüche nicht durchsetzen und musste letztlich sein Rechtsmittel zurückziehen.
In dem Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19.02.2024 (Az. 3 U 2291/23) wurde insbesondere zur Frage der Eintragungen unter der waybackmachine wie folgt ausgeführt:
In diesem Zusammenhang ist der Zweck der „waybackmachine” - eine Internetbibliothek mit dem Ziel zu schaffen, Forschern, Historikern, Wissenschaftlern und allen weiteren Interessierten einen permanenten Zugang insbesondere zu nicht mehr vorhandenen Webseiten zu bieten (Hoeren, MMR 2006, V) - zu berücksichtigen. So wie die fortdauernde Auffindbarkeit einer früheren, mittlerweile zu unterlassenden Werbung in der „waybackmachine“ mangels Marktbezugs keine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG darstellt, da die Auffindbarkeit darüber kein denkbarer Kanal zur Absatzförderung ist (LG Karlsruhe GRUR-RS 2023, 2296), liegt kein urheberrechtlich relevantes Verschaffen eines Zugangs zum geschützten Werk vor, da dem durchschnittlichen Internetnutzer bekannt ist, dass es sich bei den von der „waybackmachine“ vorgehaltenen Seiten um eine frühere Fassung des Internetauftritts handelt (vgl. zum Speichern im Cache der Suchmaschine Dreier/Schulze/Dreier, 7. Aufl. 2022, UrhG § 19a Rn. 6a). Die Beklagte verschafft somit nicht Dritten in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens Zugang zu den Kartenausschnitten.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die „waybackmachine“ nicht von üblichen Internet-Suchmaschinen durchsucht werden kann. Vielmehr muss der Internetnutzer gezielt das Internetarchiv aufrufen und dort - da das Archiv keine eigene Suchfunktion aufweist - gezielt nach Inhalten suchen.
b) Zum anderen fehlt es an der Darlegung der Verletzung von Handlungspflichten zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands. So ist weder dargetan noch ersichtlich, dass eine Abrufbarkeit über die „waybackmachine“ der Beklagten (wirtschaftlich) zugutekommt, was aber Voraussetzung für eine Einwirkungspflicht auf Dritte ist.
Außerdem trägt die Beklagte vor, dass sie gegenüber den Betreibern des Internetarchivs entsprechende Löschungsanträge gestellt habe. Damit hätte sie ihren - unterstellten - Handlungspflichten zur Beseitigung des Störungszustandes genügt. Einen Erfolg des Bemühens der Einwirkung auf Dritte schuldet der Unterlassungsschuldner nicht (vgl. BGH GRUR 2018, 292 Rn. 33 – Produkte zur Wundversorgung).
Die Klägerin nahm hiernach die Berufung zurück, unsere Mandantin obsiegte vollständig.
Zu Fragen in diesem Zusammenhang oder anderweitigen urheberrechtlichen Problematiken steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Markus Knieschon der diesen Fall die Gemeinde vertreten hat, jederzeit gerne zur Verfügung.
Autor: Markus Knieschon