BGH zur Frage der Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert liegen

Der 6. Zivilsenat des BGH hat mit Urteil vom 02.06.2015, Az: VI ZR 387/14 entschieden, dass eine Schadensabrechnung auf Reparaturkostenbasis bei vorliegendem wirtschaftlichen Totalschaden bereits dann ausscheidet, wenn die Reparatur nicht entsprechend den Vorgaben des Sachverständigen durchgeführt worden ist.

Der Schaden am klägerischen Fahrzeug belief sich laut Sachverständigengutachten auf Brutto-Reparaturkosten in Höhe von € 2.973,-. Der Wiederbeschaffungswert betrug € 1.600,- und der Restwert € 470,-. Die Klägerin ließ ihr Fahrzeug unter Verwendung von Gebrauchtteilen zu Reparaturkosten von € 2.079,-, also zu Kosten knapp unterhalb der 130%-Grenze reparieren.

Die Frage, ob die Geschädigte Ersatz von über dem Wiederbeschaffungswert liegenden Reparaturkosten verlangen kann, wenn es ihr tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130%-Grenze fachgerecht in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, konnte vom BGH bislang offen gelassen werden und bedurfte auch vorliegend keiner Entscheidung: Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde die Reparatur im konkret zu entscheidenden Fall bereits nicht vollständig nach den Vorgaben des Sachverständigen durchgeführt, da sie auf den im Gutachten vorgesehenen Austausch von Zierleisten und des Kniestücks verzichtete. Der Klägerin wurde in Folge nur der Wiederbeschaffungsaufwand, also der Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert, zugesprochen.

Der 6. Zivilsenat betont in seiner Entscheidung jedoch ausdrücklich, dass die Verwendung altersentsprechender und funktionsfähiger Gebrauchtteile einer vollständigen und fachgerechten Reparatur nicht grundsätzlich entgegenstünde.

Dies kann als Hinweis daraufhin gedeutet werden, dass der Senat die Erstattungsfähigkeit von gutachterlich zunächst außerhalb der 130%-Grenze geschätzten Reparaturkosten wohl bejahen würde, sofern die Reparatur nachweisbar – auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen – vollumfänglich und fachgerecht durchgeführt wird und die tatsächlichen Reparaturkosten die 130%-Grenze nicht übersteigen.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Fahrzeug auch repariert werden kann, wenn ein Totalschaden vorliegt. Allerdings muss die Reparatur vollständig und fachgerecht gemäß Gutachten durchgeführt werden und darf die 130%-Grenze nicht überschreiten.

Für weitere Fragen steht Ihnen Rechtsanwalt Dr. Maximilian Maierhofer gerne auch telefonisch oder im Rahmen eines persönlichen Gesprächs zur Verfügung.

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