Ne bis in idem! Oder: Zwei mal geblitzt, nur einmal zahlen?

Unser Mandant bat um Beratung in einem nicht alltäglichen Verkehrsrechtsfall. Er wurde auf dem gleichen Streckenabschnitt einer Autobahn zweimal innerhalb von nur einer Minute wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen geblitzt.

Konsequenterweise wurden zwei Bußgeldbescheide zugestellt. Im ersten Fall wurde ihm vorgeworfen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 25 km/h überschritten zu haben. Hierfür sollte er 70,00 EUR bezahlen sowie einen Punkt im Fahreignungsregister kassieren. Im zweiten Fall soll er 43 km/h zu schnell unterwegs gewesen sein. Der Bußgeldkatalog sieht hierfür neben einer Geldbuße und zwei Punkten sogar einen Monat Fahrverbot vor.

Gut, dass es für diese Fälle den althergebrachten römischen Rechtsgrundsatz „ne bis in idem“ gibt. Wegen ein und derselben Sache kann man nicht zweimal bestraft werden. Dieser Grundsatz hat auch Eingang in Art. 103 Abs. 3 GG gefunden und gilt selbstredend gemäß § 84 OWiG auch im hier maßgeblichen Ordnungswidrigkeitenrecht. Sollte unser Mandant aber hier wegen derselben Tat zweimal belangt werden?

Wann man bei zusammenhängenden Geschwindigkeitsübertretungen von derselben Tat spricht, ist nicht ganz eindeutig. Der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Handlungen ist jedenfalls ein wichtiges Kriterium für die Frage, ob ein einheitliches Geschehen zu bejahen ist. Für einen unbeteiligten Dritten muss der Lebensvorgang als einheitlich zusammenhängendes Tun zu bewerten sein (OLG Celle, Beschluss vom 25.10.2011 (Az. 322 SsBs 295/11) m.w.N.). Ein weiteres Kriterium ist, ob die Überschreitungen ersichtlich auf dem Willen des Betroffenen beruhen, die vor ihm liegende Fahrstrecke möglichst schnell zu durchfahren, so dass zwischen beiden Verstößen auch ein verbindendes subjektives Element besteht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.02.1997 (Az. 4 Ss 731/96) m.w.N.).

So lag der Fall hier.

Die Geschwindigkeitsverstöße wurden nur innerhalb einer Minute auf derselben Strecke begangen. Bei verständiger Betrachtung wollte unser Mandant die Strecke insgesamt möglichst schnell durchfahren. Der örtlich-zeitliche Zusammenhang sowie der das Geschehen umklammernde einheitliche Vorsatz sprechen für dieselbe Tat im Sinne des § 84 OWiG.

Nachdem unser Mandant den „günstigeren“ Bußgeldbescheid bestandskräftig werden ließ, hat das Amtsgericht das „teurere“ Bußgeldverfahren auf Kosten der Staatskasse eingestellt. Das Fahrverbot, zwei Punkte und eine empfindliche Geldbuße blieben unserem Mandanten damit erspart.

Wenn auch Sie geblitzt wurden oder mit anderen verkehrsrechtlichen Problemen konfrontiert werden steht Rechtsanwalt Dr. Maierhofer gerne für eine kurzfristige Rücksprache zur Verfügung.

 

Autor: Rechtsanwalt Dr. Maximilian Maierhofer 

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