Immer häufiger sehen sich Unternehmen mit negativen Bewertungen im Rahmen von Internet-Bewertungsportalen konfrontiert. Erfahrungsgemäß handelt es sich hier oft um Aussagen von Kunden, welche die Anonymität des Internets nutzen, um ihre negativen Erfahrungen zu veröffentlichen. Derartige Bewertungen können Unternehmen großen Schaden zurichten, da sie gerade im Rahmen von Google-Suchen schnell gefunden werden und so potentielle Kunden und Geschäftspartner abschrecken können.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat über einen solchen Sachverhalt mit Beschluss vom 29.06.2016 (Az. 1 BvR 3487/14) entschieden, dass wahre Tatsachenbehauptungen über Vorgänge aus der Sozialsphäre grundsätzlich hinzunehmen sind, solange kein unverhältnismäßiger Verlust an sozialer Achtung droht.
Gegenstand dieses Verfahrens war eine Online Bewertung über einen ehemaligen Vermieter. Dieser hatte versäumt, die vom Beschwerdeführer geleistete Kaution fristgemäß zurückzuzahlen. Der Beschwerdeführer erhob Klage, wonach sich die Parteien verglichen. Die Rückzahlung erfolgte aber erst nachdem Strafanzeige gestellt und der Zwangsvollstreckungsauftrag erteilt wurde. Drei Jahre später fand sich unter namentlicher Nennung des Vermieters auf diversen Bewertungsportalen über diesen Vorgang folgender Kommenatr.
Ende 2007 war ich leider gezwungen Herrn ... bezüglich der Rückgabe meiner Mietkaution vor dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek zu verklagen. Im November 2008 bekam ich dann vom Amtsgericht ... einen Titel, der Herr ... verpflichtete, 1.100 € an mich zu zahlen. Am 3.1.2009 bekam ich einen Brief von Herrn ..., in dem er angeboten hat, die 1.100 € in 55 Monatsraten á 20 € zu bezahlen, da es im zur Zeit nicht möglich ist, die 1.100 € in einer Summe zu zahlen. Erst nach Einschalten der Staatsanwaltschaft ... und dem zuständigen Gerichtsvollzieher hat Herr ... dann Ende Februar 2009 gezahlt. Mit Herrn ... werde ich bestimmt keine Geschäfte mehr machen."
Der Vermieter sah sich durch diese Äußerungen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und nahm seinen ehemaligen Mieter auf Unterlassung in Anspruch. In den ersten beiden Instanzen wurde die Ansicht des Vermieters vom Gericht geteilt, bis nunmehr das Bundesverfassungsgericht die Urteile kippte und das Recht des Mieters auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 des Grundgesetzes in den Vordergrund rückte.
Die Kernaussagen des BVerfG lauten: Die Schwelle zu einer Persönlichkeitsverletzung sei erst überschritten, wenn der Schaden außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Ein unverhältnismäßiger Verlust an sozialer Achtung des Vermieters sei nicht erkennbar, ein öffentliches Informationsinteresse möglicher Kunden indes sei eindeutig zu bejahen, so dass die namentliche Nennung vorliegend nicht außer Verhältnis zum geschilderten Verhalten stehe.
Selbst der Umstand, dass sich der Mieter erst drei Jahre nach der Streitigkeit im Internet mitgeteilt hat, soll zu keinem anderen Ergebnis führen: "es würde den Beschwerdeführer unverhältnismäßig in seiner Meinungsfreiheit einschränken, wenn er nach einer solchen Zeitspanne von ihm erlebte unstreitig wahre Tatsachen nicht mehr äußern dürfte", so das BVerfG.
Im Ergebnis muss nun die vorherige Instanz weitere Feststellungen zum Sachverhalt treffen.
Sollte sich auch Ihr Unternehmen mit negativen Bewertungen oder unwahren Tatsachenbehauptungen im Rahmen von Internetportalen konfrontiert sehen, können Sie sich gerne an uns wenden, um die Erfolgsaussichten auf deren Löschung und zukünftige Unterlassung zu prüfen.
Bei Rückfragen hierzu steht Ihnen Rechtsanwalt Markus Knieschon gerne zur Verfügung.
Autor: Markus Knieschon